Heute haben wir das Wohnmobil in der Tat nicht bewegt und uns einen Tag am See gegönnt. Gelesen, gespielt, gebadet, gegrillt.
Ein kurzer Ausflug von Antje und mir ging mit dem Rad in den kleinen Ort Kallaste. Es ist einer der Orte der russischen Altgläubigen, die im wesentlichen hier in der Gegend entlang der Küste ihre jahrhundertalte, teilweise streng religiösen, Kulturen pflegen. Davon haben wir allerdings nichts mitbekommen.
Es gab einen Kaffee und Teilchen im Café Anna, dem einzigen Café/Restaurant im Ort. Die Älteren sprechen hier eher Deutsch als Englisch, bei den Jüngeren ist es eher umgekehrt. So auch hier im Café mit der Besitzerin und Enkelin (?).
So, ausgeschlafen und gestärkt geht’s jetzt wie versprochen an die Bericht-Erstattung von gestern:
Bei herrlichstem Wetter sind wir nochmal kurz ins kühle Nass gesprungen, und haben fürs erste Abschied von der Ostsee genommen. Unser erstes Ziel war nur rund 20 km entfernt der Gutshof Palmse, ein altes Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, das in den 70er Jahren, nach Gründung des Nationalparks nach und nach wieder renoviert und rekonstruiert wurde. Das Haus und die Außenanlagen sind schön anzusehen, sehr gepflegt und auf jeden Fall einen Besuch wert.
Danach ging es weiter und es hieß „Kilometer machen“, da wir unbedingt noch nach Narva wollten (rund 160 km). Narva ist die nordöstlichste Stadt Estlands und liegt am gleichnamigen Fluss. Hier ist die Außengrenze der EU, am anderen Ufer ist Russland. Das Besondere an dieser Grenze: auf estnischer Seite steht die Hermannsfeste und auf russischer Seite die Festung Iwangorod.
Die beiden Festungen sind durch eine Brücke, auf der sich die Grenzstation befindet, miteinander verbunden. Wir hatten das Glück, dass zufällig ein mittelalterliches Fest auf dem Gelände der Hermannsfestung stattfand. So war es sehr kurzweilig und auch die Kinder hatten ihren Spaß. Der Blick auf die Grenzanlage war schon irgendwie seltsam – alles verbarrikadiert, ein düsteres Bild. Auch die Stadt Narva ist stark russisch geprägt und so ganz anders als das Estland im Westen. Hier wird auch überwiegend russisch gesprochen, was wohl daran liegt, dass 90% der Bevölkerung russisch-stämmig sind.
Weiter ging es zunächst gute 50km zurück bis Johvi, bevor wir Richtung Süden und Peipsi See steuern konnten. Es ist der größte See Estlands und uns lockten lange Sandstrände im Norden des Sees. Leider war die Ernüchterung groß, denn es ist überraschend viel los, was nicht nur den Wochenenden-Ausflüglern zuzuschreiben ist. Die angesteuerten Zeltplätze waren zumeist voll, wir kamen mit dem WoMo nicht wirklich weiter oder sie lagen zu weit weg vom Wasser und das wollten wir ja auch nicht. Schwierig. Zudem kommt man eigentlich bis auf die ausgewiesenen Zeltplätze nirgendwo ans Wasser ran, so dass freies Stehen auch nicht möglich ist. Wie bereits geschrieben, stehen wir nun auf dem Campingplatz Willipu nahe Kallaste. Seine besten Zeiten hat der Platz auch hinter sich, aber immerhin gibt’s eine schöne grüne Wiese, bis auf ein weiteres kleines WoMo stehen wir alleine mit Blick auf den See und überlegen, wie wir die letzte Woche gestalten.